Ab sofort möchten wir Euch hier auch die im Rahmen des LHP und der Partnerschaft geförderten Projekte vorstellen. Dazu bitten wir nach und nach die Projektleiter*innen, uns einige Fragen zu beantworten. Zum Auftakt haben wir Bernd Zschaschel von der Kontaktstelle Koitschgraben des VSP e. V. zum Interview gebeten und zum Projekt „Netzwerk solidarische NACHBARSCHAFTEN 2021 im Wohngebiet Koitschgraben mit lebendiger Zivilcourage“ befragt.

Und wir wollten gern wissen:

Um was geht es in Ihrem Projekt und für wen ist es gedacht?

In dem Nachbarschaftsprojekt geht es um Begegnungen, Kommunikation und Gemeinschaft der Menschen im Wohngebiet am Koitschgraben. Es geht um Umgangsformen des gegenseitigen Respekts. Es geht darum sich wohl und zu Hause zu fühlen.

Wie lange gibt es die Kontaktstelle Koitschgraben schon und wie lange sind Sie dabei?

Die Kontaktstelle gibt es seit 15 Jahren. Mit dem Aufbau begann ich 2006 im Rahmen eines Modellprojektes im Auftrag des Jugendamtes der Stadt Dresden.

Was ist Ihre Rolle im Projekt und mit was beschäftigen Sie sich?

Ich arbeite als Projektleiter in einem Team der offenen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Persönlich interessieren mich Lebensgeschichten anderer Menschen. Eine zentrale Frage für mich ist: Was spricht Menschen an und motiviert sie zugleich für sich und eine Gemeinschaft aktiv zu werden?

Welches Ereignis oder welche Begegnung hat Sie im Rahmen des Projektes besonders berührt?

Ein besonderes Ereignis, eine besondere Situation war letztes Jahr. Ein paar Bewohner*innen planten das 1. Nachbarschaftstreffen im Februar im Freien mit einem Grillfest zu eröffnen. Die nasskalte Wetterlage durchkreuzte jedoch die geplante Durchführung. Es kam zu einer gemeinsamen spontanen Improvisation. Jeder brachte sein Grillgut mit. Es gab ein vielfältiges Buffet in den Räumen der Kontaktstelle. Gegrillt wurde unter dem Dach einer alten verlassenen Kaufhalle. Alle waren zufrieden: „Wir sind jetzt da, es war schön und wir kommen wieder.“ Ab März begannen dann ein paar Nachbarn selbstständig den Vorgarten der Kontaktstelle Koitschgraben mit Frühlingsblumen neu zu gestalten. Dabei entstand wie selbstverständlich ein einladender Ort für Begegnungen, Gespräche und Erholung. Leute, bekannte und unbekannte, blieben stehen und äußerten gegenüber den Gärtnerinnen ihre Freude. Man sprach miteinander.

Das sind für mich schöne Momente des Zusammenseins.

Woran merken Sie, dass Ihr Projekt notwendig ist und vor Ort gebraucht wird?

Eine Frau kommt zu einer Mitarbeiterin der Kontaktstelle Koitschgraben um einen Konflikt mit einer Nachbarin zu klären. Allein traut sie sich nicht die Nachbarin anzusprechen. Die Frau weiß nicht weiter. Gemeinsam wird das Problem besprochen. Später wird die Mitarbeiterin ein Gespräch mit der Frau und der Nachbarin moderieren. Die Nachbarin fängt an zu weinen. Die Frau umarmt die Nachbarin. Beide sprechen friedlich miteinander.

Oder:

Eine Mutter sucht ihr Kind. Die Mutter fragt uns Mitarbeiter*innen der Kontaktstelle, ob ihr Kind bei uns sei? Wir sagen ja. Die Mutter sagt erleichtert: „Dann ist ja alles in Ordnung, bei euch ist alles gut.“

Damit in dem Wohngebiet Nachbarschaften entstehen oder gefestigt werden, braucht es Einflüsse von außen, es braucht Zeit für verlässliche Beziehungen und zuverlässige Ansprechpartner*innen. Die Mitarbeiter*innen der Kontaktstelle sind bekannt, gelten als zuverlässig und hilfreich. Die Kontaktstelle ist für die Menschen ein sicherer Ort. Durch persönliche Wertschätzung wird die Lust und Freude an demokratischen Gestaltungsprozessen geweckt. So ist letztendlich das LHP-Projekt entstanden.

Was steht in diesem Jahr in Ihrem Projekt an und worauf freuen Sie sich besonders?

Neben regelmäßigen Wohngebietsspaziergängen, Begegnungen und Gesprächen in der Nachbarschaft sind ein paar öffentliche Nachbarschaftsfeste mit künstlerischer Unterstützung geplant. Weiter werden anlassbezogene thematische Workshops stattfinden. Diese werden dann zeitnah inhaltlich besprochen und durchgeführt.

Aktuell freue ich mich besonders über die gemeinsame Gestaltung eines Journals mit ein paar Leuten aus der Nachbarschaft. Das ganze passiert unter den geltenden Allgemeinbestimmungen der Pandemie, also mit Telefon, E-Mail und gegenseitiger Briefkastennutzung. Je nach Möglichkeit gehen wir gemeinsam im Wohngebiet spazieren und schwatzen miteinander. Das Journal soll im Februar persönlich verteilt oder an der Kontaktstelle abgeholt werden.

Und zum Schluss: Wie kann man Sie am besten erreichen um dabei zu sein?

Kontaktstelle Koitschgraben
Walter-Arnold-Straße 13 / Hintereingang
01219 Dresden

Telefon: 0351 2728092
E-Mail: koitschgraben@vsp-dresden.org
www.vsp-dresden.org

Die Räume der Kontaktstelle sind im Erdgeschoss eines Wohnhauses in unmittelbarer Nähe des Einkaufcenter O.D.C. am Otto-Dix-Ring.

Wir freuen uns immer auf interessierten Besuch.

Zum Titelbild sei noch gesagt: Dieses hat ein Nachbar aus dem Koitschgraben für das Journal gezeichnet. 

wir bedanken uns herzlich für das interview!